Ipone

„die leitung des teams bedeutet, eine familie voranzubringen, um zu gewinnen“. treffen mit pierre chapuis, dem chef des team moto ain, am vorabend des 100. bol d'or.

Mit seinen 51 Jahren wirkt es so, als hätte Pierre Chapuis schon mehrere Leben gelebt. Bis vor kurzem führte er ein Motorradgeschäft, aber heute konzentriert er sich auf sein Team, das er vor über 25 Jahren gegründet hat. Das Team Moto Ain ist ein Abenteuer mit Freunden, fast schon eine Familie. Es ist das erste Mal, dass ein nicht offizielles Team die Spitzenfahrer der EWC herausfordert. Wir werfen einen Blick zurück auf dieses außergewöhnliche Abenteuer, das es bis auf den zweiten Platz in der Gesamtwertung des Bol d'or im Jahr 2021 gebracht hat.

IPONE : Wie hast du mit dem Motorradfahren angefangen?

PC : Ich habe erst spät mit dem Motorradfahren angefangen. Ich war auch mal Rennfahrer. Ich habe erst mit über 18 Jahren angefangen, weil ich schon den Führerschein in der Tasche hatte. Ich war mit meinen Eltern bei Freunden zum Essen eingeladen und dort gab es ein kleines Motorrad, so eine Art PW. Den ganzen Tag lang habe ich mir das kleine Motorrad gemopst, um damit auf der Wiese herumzufahren, so hat es angefangen. Meine Eltern waren überhaupt keine Motorradfahrer und hatten auch nichts dafür übrig. Aber ab dem Moment, war bei mir der Virus drin.

IPONE : Welchen Platz nimmt das Motorradfahren heute in deinem Leben ein?

PC : Wenn Sie meine Frau fragen, wird sie Ihnen 100% sagen, ich würde es eher bei 80% einordnen, aber ich denke, sie hat Recht und manchmal ist es kompliziert.

Mein Sommer war übrigens ziemlich kompliziert, weil ich meine Niederlassung an einen Freund verkauft habe. Daher bin ich nun bei 100%, weil ich mich nur noch um den Wettbewerb kümmere. Seit zwei Monaten arbeite ich 20 Stunden pro Tag ausschließlich dafür. Mein Sohn, der jetzt vier Jahre alt ist, fragt sehr häufig nach mir und ich sehe ihn in letzter Zeit nicht sehr oft.

IPONE : Ist die Weitergabe der Motorradleidenschaft etwas Wichtiges für dich?

PC : Ich gebe meine Leidenschaft sehr gerne weiter. In meiner Berufslaufbahn war ich sogar Lehrer für Motorradmechanik. Eigentlich bin ich Motorradmechaniker. Die Mechanik war meine Leidenschaft. Ich treffe sogar ehemalige Schüler im Fahrerlager. Ja und ich habe auch Vielen das Fahren beigebracht, wie zum Beispiel Etienne Masson, der Weltmeister geworden ist, Sylvain Barrier, ebenfalls Doppelweltmeister, De Puniet und so weiter. Randy ist in mein Team übergewechselt. Ihm habe ich weniger geholfen, weil er bereits betreut wurde. Aber ja, ich habe tatsächlich den Wunsch, zu versuchen, mein Wissen an die Leute um mich herum weiterzugeben.

IPONE : Wie fühlst du dich vor dem 100. Bol d’or ?

PC : Leistung hat für mich nach wie vor oberste Priorität, wir sind hier, um gegen die Besten zu kämpfen. Wir wissen, dass wir keine fabrikneue Ausrüstung haben, aber trotz allem haben wir uns bereits als privates Spitzenteam etabliert. Dieser Bol d'or ist der erste Bol d'or, bei dem ich nicht mehr mein Motorradgeschäft im Hinterkopf habe, daher liegt es mir sehr am Herzen, gut abzuschneiden. Es ist ja auch der Abend der ersten Qualifikation und wir sind zufrieden, weil wir merken, dass wir uns wieder einen Schritt verbessert haben. Die Arbeit im Vorfeld scheint sich auszuzahlen.

IPONE : Erzählst du uns die Geschichte vom Team.

PC : Das Team entstand innerhalb des Freundeskreises. Das ist schon ziemlich lange her, das war 97 mit ein paar Freunden, die Spaß haben wollten. 2016 habe ich eine geschätzte Person in meinem Umfeld kennengelernt, die ungefähr in meinem Alter war und wollte, dass ich ihr Teamkollege beim Bol d'Or bin, um es einmal im Leben gemacht zu haben. Ich wollte es ernsthaft machen, weil ich ihm eine Performance angeboten hatte. Schließlich sagte er in letzter Minute ab und wir gewannen den Bol d'or, zwar in unserer Kategorie, aber wir gewannen den Bol d'or trotzdem. Wir führten also die Weltmeisterschaft an, ohne es wirklich geplant zu haben, weil es ursprünglich ein One-Shot war. Wir sind zum 24-Stunden-Rennen von Le Mans gefahren und haben dort den zweiten Platz belegt. Es gab noch zwei 8-Stunden-Rennen, darunter Deutschland, das wir ebenfalls gewannen. Vor dem Finale in der Slowakei hatten wir einen Vorsprung von vielen, vielen Punkten. Wir hätten nie gedacht, dass wir verlieren würden, aber leider hat ein Fahrer, den ich in letzter Minute nehmen musste, einen Fehler gemacht. Wir landeten auf dem Platz 19. Wenn wir auf Platz 18 gelandet wären, hätten wir die Weltmeisterschaft gewonnen. Einem „Anfängerteam“ war das so noch nie vorher passiert.

Und so wurden wir Vizeweltmeister. Im darauffolgenden Jahr wurden wir Dritter und danach gewannen wir noch zwei weitere Male. Wir haben fast jedes Rennen gewonnen, das es gibt. Wir sind ziemlich stolz auf unsere Erfolge.

IPONE : Warum hast du das Team gegründet?

PC : Wie ich schon sagte, ursprünglich ging das Team wirklich aus einem Freundeskreis hervor. Für mich ist es wichtig, im Team zu arbeiten. Motorradfahren ist zwar immer ein Einzelsport, aber wenn dir dein Koch die ganze Woche schlechtes Essen kocht, verbringst du eine schlechte Woche. Wenn dein Mechaniker dir einen Reifen falsch wechselt, verbringst du eine schlechte Woche. Für mich ist jeder wichtig. Ich fand es toll, dass ich viele Leute um mich herum einbeziehen konnte. Sie waren anfangs zwar Neulinge, aber sie haben sich so sehr für die Sache motiviert, dass sie sogar mich motiviert haben. Ich habe auch heute noch, 25 Jahre später, Leute aus dem Gründungsteam, die immer noch dabei sind. Einige von ihnen haben sogar noch nie ein Rennen verpasst.

IPONE : Wettbewerb, Leistung, was bedeutet das für dich?

PC : Ich bin ein Wettkämpfer. Ich mag keine Niederlagen. Es stört mich nicht, wenn andere besser sind als ich. Aber wenn ich nicht mein Bestes gebe, stört mich das. Ich will bei jedem Mal eine gute Leistung erbringen, das ist meine Motivation. Wenn ich morgen das Gefühl habe, dass ich mit meinen Fähigkeiten, meiner Leistung oder meinem Budget am Ende bin, dann werde ich wohl aufhören.

IPONE : Wenn du das Team beschreiben müsstest, was würdest du sagen?

In meinem Team gibt es etwas sehr Wichtiges, nämlich dass wir ein Team sind. Normalerweise wird der Fahrer bei Motorrädern immer auf ein Podest gestellt, bei mir ist das nicht der Fall. Der Fahrer ist ein Element wie alle anderen. Klar, wir stellen ihn in den Vordergrund, weil er die Leistung bringt, aber es ist sehr wichtig für mich, dass alle auf dem gleichen Niveau sind. Der Koch ist fast genauso wichtig wie der Fahrer. Und natürlich weiß ich als ehemaliger Rennfahrer, was man braucht, um auf dem Motorrad eine gute Leistung zu erbringen. Ich weiß, in welcher Umgebung man sein möchte. Und genau das versuche ich in meinem Umfeld umzusetzen.

Heute locke ich Fahrer an, die auf einem viel höheren Niveau sind als das Niveau meines Teams. Ich denke da an Bradley Smith und Randy de Puniet im letzten Jahr, die MotoGP-Fahrer sind. Sie haben in einem Team wie meinem nichts zu suchen. Sie sollten auf einem Werksmotorrad sitzen. Warum kommen sie zu mir? Weil sie verwöhnt werden. Sie wissen, dass das Motorrad nun wirklich nicht das schönste Motorrad ist, es ist ein sehr gutes Motorrad, aber eben nicht das schönste. Dafür wissen sie aber, dass alle hinter ihnen stehen und ihnen helfen, und das ist ein Umfeld, das ihnen gefällt.

Wir wollen, dass es zwischen uns so familiär wie möglich ist, und es ist wichtig, dass es eine Verbindung gibt, keine Verwandtschaft, aber eine starke Freundschaft. Das ist eine meiner Prioritäten. Der Fahrer muss sich entfalten können. Je glücklicher er ist, desto mehr spielt er herum, desto besser ist er. Deshalb ist das sehr wichtig. 90% der Fahrer im Fahrerlager kennen mich, sie haben mich schon fahren sehen. Sie wissen, dass sie mir glauben müssen, wenn ich sage, etwas ist eine Dummheit. Bradley Smith kam von der MotoGP. Wir haben uns das erste Mal bei den Testfahrten in Albacete in Spanien gesehen. Er sagte zu mir: „Ich habe noch nie Leute gesehen, die so motiviert sind. Wenn ich sehe, wie du arbeitest, bist du doppelt so gut wie die anderen, das verdient Unterstützung“.

IPONE : Warum hast du das Team gegründet?

PC : Es ist vielleicht etwas überheblich, wenn ich sage, um zu gewinnen, aber es geht darum, unseren eigenen Stolz zu gewinnen. Vielleicht wird es ein zweiter Platz, vielleicht ein fünfter, aber wenn du alles richtig gemacht hast, kannst du dich nicht beschweren. Es ist also in Ordnung, wenn andere besser sind. Natürlich wäre es mir lieber, wenn wir es wären, aber solange du dir nichts vorzuwerfen hast, ist das in Ordnung.

IPONE : Wie fühlst du dich kurz vor dem 100. Bol d'or?

PC : Ich bin super stolz, an dieser Ausgabe teilzunehmen. Es ist ein historisches Datum. Der Circuit Paul Ricard ist eine Rennstrecke, die ich liebe. Als Fahrer ist sie mir allerdings nur sehr selten gelungen. Ich habe mir eher den Hintern geprellt, als dass ich gute Leistungen erbracht hätte (lacht), aber es ist eine Rennstrecke, die ich liebe und es ist ein Vergnügen, hierher zurückzukehren. Außerdem haben wir hier ziemlich oft gute Leistungen erbracht, immerhin haben wir in den letzten 4, 5 Jahren zwei Mal gewonnen. Letztes Jahr haben wir mit dem 2. Platz unser bestes Ergebnis in der Gesamtwertung erzielt. Es ist trotzdem ein Ort, der uns sehr am Herzen liegt. Für mich ist es die wichtigste Etappe des Jahres.

IPONE : Erzähl uns vom Siegerpodest.

PC : Das Gefühl auf dem Podium ist, dass man etwas erreicht hat, dass man richtig gearbeitet hat. Aber ein Podium ist relativ, du kannst es auch mit 50 Runden Rückstand aufs Podium schaffen, nur weil die anderen Teams Probleme hatten. Heute bin ich einfach nur stolz auf unsere Arbeit und möchte näher an die Spitzengruppe herankommen. Wenn wir nur Vierter werden und in der gleichen Runde wie die Führenden sind, ist das für mich wertvoller als ein zweiter Platz mit 30 Runden Rückstand.

IPONE : Wie sieht deiner Meinung nach die Zukunft des Teams aus?

PC : Ich bin sehr zufrieden, wie es läuft. Wir haben dieses Jahr gut abgeschnitten, auch wenn wir nicht die erhofften Ergebnisse erzielt haben. In Le Mans hatten wir am Start eine Kollision, die uns für den Rest des Rennens Probleme bereitet hat. Das hat uns zwar behindert, aber wir sind zwei wirklich gute Stints hintereinander gefahren. In Spa hat leider ein Fahrer einen Fehler gemacht und das Motorrad unfreiwillig zum Stehen gebracht. Wir haben viel Zeit verloren, weil wir nach einem Fehler gesucht haben, den es gar nicht gab. Hier beim Bol haben wir unser bestes Qualifikationsergebnis erzielt, deshalb sind wir zufrieden, es geht aufwärts.

Le Team Moto Ain a malheureusement été contraint à l’abandon lors du 100ème Bol d’or suite à un problème mécanique. Entre espoir, doutes et émotion, revivez leur aventure en vidéo ici.

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